Keine Menschen aus Kiel mehr in menschenunwürdige Abschiebehaft!
Die Ratsfraktion DIE LINKE/Die PARTEI beantragt zur kommenden Sitzung der Ratsversammlung, dass zukünftig keine Menschen aus Kiel in die Abschiebehaftanstalt Glückstadt überstellt werden.
„Die Zustände in dieser Einrichtung sind ganz offenkundig absolut unhaltbar. Menschen, die in Abschiebehaft genommen werden haben in den meisten Fällen nicht das Geringste verbrochen. Trotzdem werden sie in Glückstadt behandelt wie Schwerverbrecher*innen und ihre Menschenrechte mit Füßen getreten!“, so Fraktionsvorsitzender Björn Thoroe.
Wie die Presse berichtete gab es seit Beginn des Jahres in der Abschiebehafteinrichtung Glückstadt mindestens einen Suizidversuch durch Selbstverbrennung und eine weitere Brandstiftung aus Verzweiflung.
Einen Suizidversuch durch Brandstiftung im Januar, versuchte die Einrichtungsleitung zunächst zu vertuschen. Trotz der eindeutigen Diagnose, die aufgrund einer weiteren möglichen Suizidalität eine stationäre Aufnahme empfahl, wurde der Betroffene zurück in die Haftanstalt gebracht. Dort wurde er in einen besonders gesicherten Haftraum ohne Möbel und ohne Tageslicht gesperrt. Statt mit einer angemessenen medizinisch-psychiatrischen Behandlung wurde also mit einer weiteren besonderen psychischen Belastung auf die psychische Ausnahmesituation des Betroffenen reagiert.
Zur zweiten Brandstiftung kam es Anfang Februar, als ein anderer Häftling aus Verzweiflung zu diesem Mittel griff, um zu erreichen, dass seine Zellentür geöffnet würde.
„Zu solchen Ereignissen darf es einfach nicht kommen! Es mag sich nach nicht viel anhören, aber jeder solcher Fall ist einer zu viel. Und in Glückstadt sind von 42 Haftplätzen aktuell nur 23 belegt. Da ist das eine absolut alarmierende Quote! Hintergrund ist offenbar ein eklatanter Personalmangel in der Einrichtung. Seit Beginn des Jahres gibt es in der Abschiebehaft nicht mal mehr die vorgeschriebene Sozialberatung. Aber wenn man sich nicht um sie kümmern kann, darf man da halt auch keine Menschen mehr hinschicken!“, stellt Ratsmitglied Tamara Mazzi klar.
Die Sozialberatung wäre eigentlich unter anderem für psychologische Gespräche, Kontakte zu Rechtsanwält*innen etc. zuständig. All das fällt jetzt für die inhaftierten Personen weg. Und selbst der Besuchsgruppe, die Inhaftierte ehrenamtlich berät, wurde mit dem Verweis auf fehlende Personalkapazitäten der Zugang zu der Einrichtung verwehrt.
„Die Zustände in dieser Anstalt sind nicht mehr mit den Menschenrechten vereinbar, definitiv nicht mit der im Grundgesetzt verankerten Würde des Menschen. Selbst dem schleswig-holsteinischen Abschiebehaftvollzugsgesetz widersprechen sie. Es ist unverantwortlich, Menschen weiterhin wissentlich und unnötig solchen Bedingungen auszusetzen. Die Beantragung von sogenannter Sicherungshaft unterliegt weitgehend dem pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde. Kiel muss von der Möglichkeit Gebrauch machen, um Menschen vor dieser Einrichtung zu schützen!“, fordert Ratsmitglied Ove Schröter abschließend.