Um einen Tisch herum arbeiten verschiedene Personen, darunter eine Frau mit Kopftuch.
Foto: Freepik

Migration und Antirassismus

Gut 28% der Kieler Einwohner*innen haben einen Migrationshintergrund. Obwohl die meisten dieser Personen einen deutschen Pass besitzen und sich selbst auch als Deutsche verstehen, erfahren sie in ihrem Alltag von verschiedensten Seiten regelmäßig Ausgrenzung und Rassismus.

Gerade in Zeiten, in denen eine Verarmung der Gesellschaft rasend voranschreitet und aus den Existenzängsten der Menschen realer Existenzverlust wird, wirft die Springer-Presse mit rassistischen Bildern um sich, um die Wut der Bevölkerung auf diejenigen umzulenken, die sich kaum wehren können. Rechtspopulistische Kräfte nutzen die Situation, um den Hass auf Geflüchtete, Migrant*innen und Menschen mit Migrationsgeschichte anzufachen. Als direktes Resultat sehen wir auch in SH einen Anstieg an rechten Angriffen und Aggressionen.

Doch auch außerhalb von rechten Netzwerken erfahren Menschen mit Migrationsgeschichte ständig Diskriminierung und Ausgrenzung. Dies fängt bereits im Bildungswesen an, in dem man als Kind erste Erfahrungen mit Diskriminierung sammelt, sei es von Mitschüler*innen oder von Lehrenden. Eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wird Menschen mit Migrationsgeschichte in vielen Teilen verwehrt. Dies äußert sich z.B. im Umgang mit den Stadtteilen Gaarden und Mettenhof, in denen am meisten Menschen mit Migrationsgeschichte leben. Es ist kein Zufall, dass diese in Entscheidungen der Stadtverwaltung immer wieder vergessen oder benachteiligt werden, sei es bei der versuchten Schließung der Stadtteilbücherei oder in der deutlich schlechteren Anbindung durch den ÖPNV an die Universität. Diese Vorkommnisse sind keine Einzelphänomene, sondern tragen einen gemeinsamen Namen: struktureller Rassismus.

Diesen sieht man auch, wenn man eine Arbeit sucht und trotz passender Qualifikationen keine Einladung zum Bewerbungsgespräch erhält. Und dies wird bei der Wohnungssuche fortgesetzt, bei der systematische Diskriminierung zum Alltag gehört. Statt den sozialen Wohnungsbau weiter voranzutreiben und Lösungen zu finden, systematisch diskriminierende Auswahlkriterien zu überwinden, wird der Wohnungsmangel wieder einmal einer marginalisierten Gruppe in die Schuhe geschoben, diesmal den Geflüchteten aus der Ukraine.

Bei den Geflüchteten in Kiel ist die Lage besonders dramatisch: Momentan leben mehr als 3300 Geflüchtete in Kiel, davon stammen ca. 2700 aus der Ukraine. Davon kommt rund eine Hälfte in überfüllten Gemeinschaftsunterkünften unter, die andere Hälfte privat, weil die Stadtverwaltung es nicht schafft, diese unterzubringen. Über private Vermieter*innen eine Wohnung zu beziehen ist auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt in Kiel so gut wie unmöglich.

Dieser Zustand ist unzumutbar! Hinzu kommt, dass Geflüchtete, vertrieben aus ihrem heimischen Umfeld und oft traumatisiert von dem Erlebten, gezielte und akute Hilfe benötigen – auch im sprachlichen Bereich und bei der Erlangung erster sozialer Hilfen.

DIE LINKE. Kiel fordert daher den Ausbau bestehender Angebote und die Überführung ehrenamtlicher Geflüchtetenhilfe in institutionell geförderte Organisationen. Es kann des Weiteren auch kein Zustand sein, dass eine Unterscheidung von Geflüchteten „1. und 2. Klasse“ gemacht wird. Es ist beispielsweise großartig, dass die KVG sich an der deutschlandweiten Aktion beteiligt, ukrainischen Geflüchteten das kostenfreie Busfahren zu ermöglichen. Es gibt allerdings keinen rationalen Grund, dieses Angebot nicht auch auf Geflüchtete aus anderen Ländern auszuweiten. Wir lassen nicht zu, dass verschiedene migrantische Gruppen gegeneinander ausgespielt werden, unser Kampf ist ein gemeinsamer!

DIE LINKE stellt sich konsequent Rassismus, Faschismus und Antirassismus entgegen und steht für ein respektvolles Zusammenleben. Dabei soll ausdrücklich nicht von der Erwartungshaltung einer einseitigen Integration in die Mehrheitsgesellschaft ausgegangen werden. Für eine gleichberechtigte Teilhabe in einer offenen Gesellschaft braucht es Akzeptanz, Offenheit und Respekt von allen beteiligten Seiten.

DIE LINKE. Kiel kämpft:

  • gegen jeden Rassismus, Antisemitismus und Faschismus. Eine Zusammenarbeit mit der AfD wird es bei uns niemals geben. Nationalismus und Rassismus jeglicher Art muss entschieden widersprochen werden!
  • für die Akzeptanz unserer gesellschaftlichen Diversität.
  • für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Stadtteile. Dazu braucht es einen stärkeren Anschluss der äußeren Stadtteile durch die Buslinien und bald auch durch die Tram. Auch weitere Haltestopps und ein Ausbau der Bahnlinien sind langfristig gewünscht. Zum Beispiel gibt es mehrere Möglichkeiten, Mettenhof an den Zugverkehr anzubinden.
  • für die Verfügbarkeit aller Formulare, die im öffentlichem Dienst verwendet werden, in mehreren Sprachen und in leichter Sprache. Gleiches gilt auch für öffentlich aufgestellte Gedenktafeln.
  • für verpflichtende Antirassismus-Trainings für personaldienstleistende Angestellte der Stadt, insbesondere des Kommunalen Ordnungsdienstes und des Ordnungsamtes.
  • für mehr Aufklärung über Rassismus und andere Diskriminierungsformen an Schulen, um die Akzeptanz von verschiedenen Kulturen zu fördern. Dazu gehören auch Fortbildungen für Lehrkräfte.
  • für die Fortbildung von pädagogischen Fachkräften in KiTas, Schulbetreuung und Kindertagespflege in vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung.
  • für eine politische Stärkung des Migrant*innenbeirats.
  • für ein kommunales Wahlrecht für alle Ausländer*innen, die länger als 6 Monate in Kiel leben.
  • für eine schnellere Klärung der Wohnsituation von Geflüchteten und einen massiven Ausbau der kommunalen Angebote.
  • für mehr Angebote für Geflüchtete zur interkulturellen Begegnung und die Förderung des ZEIKs und des Interkulturellen Gartens in Gaarden.
  • für einen Ausbau des Angebots „Deutsch als Zweitsprache“ (DAZ). Gerade für Erwachsene gibt es zu wenige Angebote, welche oft nur ehrenamtlich getragen sind.
  • für eine Auslegung des Asylrechts zugunsten der Betroffenen so weit wie nur irgend möglich.
  • für eine bessere Ausstattung der Ausländer*innenbehörde durch mehr Personal, um die viel zu langen Wartezeiten zu verringern.
  • für schnellere Bearbeitungszeiten bei Einbürgerungen.
  • für eine bessere Ausfinanzierung und einen Ausbau der ehrenamtlichen Geflüchtetenhilfe und letztendlich für ihre Überführung in institutionell geförderte Organisationen, so dass Menschen von dieser Arbeit leben und sie professionell ausüben können.
  • für ein breiteres Angebot der Trauma-Therapie und eine bessere Bewerbung dieser Angebote.
  • für Kiel als wirklich sicheren Hafen über Symbolpolitik hinaus.
  • gegen institutionellen Rassismus auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Die Stadt Kiel kann der Wirtschaft mit gutem Beispiel vorangehen und ausschließlich anonymisierte Bewerbungen akzeptieren.
  • gegen eine Unterscheidung von Geflüchteten „1. und 2. Klasse“.
  • gegen Abschiebungen. Die Stadt Kiel soll sich einem Kodex verpflichten, um Abschiebungen zu minimieren und die Landesregierung unter Druck zu setzen. Es sollen keine Geflüchteten aus Kiel nach Glückstadt ins Abschiebegefängnis überstellt werden.
  • gegen erzwungenen Stopp von Geflüchteten. Nicht Geflüchtete, sondern Kriegsursachen müssen bekämpft werden. Eine legale, sichere Fluchtroute muss geöffnet werden – alle Menschen müssen ihr Leben vor Krieg und Gewalt schützen können!